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In der Pampa
Ein heftiges Klopfen an der Scheibe holt Malte zurück aus einem traumlosen Schlaf. Er muss irgendwie vorne über dem Steuer eingeschlafen sein, beim Warten auf Tomasz, der zum Gehöft gegangen ist. Es ist eiskalt im Wagen. Malte bewegt vorsichtig seine halb eingefrorenen Gliedmaßen und dreht seinen Kopf langsam zur Fahrertür, von wo das Klopfen kam. Ein Gesicht drückt sich dort an der Scheibe die Nase platt. Erschreckt zuckt Malte zusammen. Die Fahrertür geht auf und vor ihm steht eine eingeschneite junge Frau, fast vollkommen vermummt ist sie kaum zu erkennen, nur die schönen braunen Augen und einige schwarze lange lockige Haarsträhnen und natürlich die schmale kleine rote Nase. Ihr schwarzer Poncho ist bedeckt mit dicken Schneeflocken.
Die Zeit scheint still zu stehen.
Beide starren sich an, Minuten, Stunden, Tage …. keiner weiß es so genau.
Malte hat es jedenfalls voll erwischt, die Kälte spürt er nicht mehr, die Müdigkeit ist auch verflogen. Schmetterlinge fliegen plötzlich im Bauch, schlagen Purzelbäume, räumen den Magen auf. Scheiß auf Tomasz und den Transporter, das ist jetzt alles nebensächlich. Wie das Mädel wohl heißt?
Dann spricht sie plötzlich und Maltes Gesicht färbt sich rot. Er versteht kein Wort, wie schade. Er versucht es auf Englisch, „Hi, ich bin Malte. Und du?“ O Gott, wie peinlich, er kommt sich vor wie Tarzan, als er mit dem Zeigfinger auf sich zeigt und dann auf sie. „Agnieszka, …“ antwortet sie freundlich, dann fragt sie ihn wieder etwas auf polnisch. Aha, also Englisch klappt schon mal nicht, vielleicht französisch?
Er versucht es auf französisch. Fragt wie es ihr geht. Sie lächelt nur und sagt wieder etwas auf polnisch und zeigt irgendwo nach vorne. Er schaut sie verständnislos an, sie wiederholt es noch mal, immerhin kann er den Satz jetzt schon nachsprechen und sie nickt eifrig, aber was heißt das Ganze? Sie merkt, dass er wohl immer noch nicht verstanden hat und zeigt jetzt wieder mit dem Finger nach vorne und winkt ihm dann zu, raus zu kommen. „Ach ich soll mitkommen?“ fragt er und bewegt sich in ihre Richtung. Sie nickt bestätigend, während er aus dem Auto steigt. Dann setzt sie sich sofort in Bewegung. Er macht schnell die Wagentür zu und folgt ihr.
Inzwischen ist die Straße zugeschneit und auch die Felder und Bäume sind dick mit Schnee bedeckt.
Sie gehen auf der einsamen Landstraße entlang, biegen dann plötzlich rechts ab auf das zugedeckte Ackerfeld. Malte folgt ihr aufgeregt. Sie ist klein, bestimmt zwei Köpfe kleiner als ich, denkt er und beobachtet ihren schnellen Gang. Sie geht sicher auf dem zum Teil unebenen und glatten Boden.
Erst spät registriert Malte, dass sie auf das Gehöft zugeht, dass er von weitem vorhin schon gesehen hat und zu dem Tomasz gehen wollte. „Tomasz?“ fragt er Agnieszka und zeigt auf das Gehöft. Sie nickt und wiederholt den Namen. Jetzt bellt ein Hund und schon kommt er auf die beiden zu gerannt. Ein schwarzer Mischling, der freundlich bellend und Schwanz wedelnd erst Agnieszka begrüßt und dann schon etwas verhaltener Malte beschnuppert und seine kalte Hand leckt. „Na, was bist du denn für ein Hübscher?“ Malte streichelt das kurze weiche Fell, Agnieszka beobachtet dabei den blonden großen Malte interessiert von der Seite. Ja, schon ein hübscher junger Mann denkt sie aufgeregt und blickt schnell wieder weg, als er sie anschaut. Er findet sie bestimmt wie ein Bauerntrampel, so ihre Befürchtung.
Sie erreichen den Hof und gehen auf das von Außen schon sehr marode wirkende Gebäude zu. Die Fassade blättert ab und die Fensterbalken sehen alt und spröde aus. Agnieszka geht ins Haus und winkt dem zögernden Malte zu, es ihr nach zu tun.
Drinnen im Haus erwartet sie wohlige nach Holz riechende Wärme und zwei Männer vor einem großen Kamin, die im Gespräch vertieft davor sitzen.
„Tomasz“ ruft Malte erfreut. Tomasz dreht sich grinsend zu ihm um. „Ich dachte mir, dass du auch in den Genuss von polnischer Gastlichkeit kommen solltest.“
„Dann bleiben wir hier noch ein bisschen?“ „Auf jeden Fall so lange, bis der Bruder von Agnieszka mit dem Wagen wieder da ist und uns mit Öl versorgen wird.“
Agnieszka stupst Malte vorsichtig an und deutet auf seine Jacke. „Oh, ja Entschuldigung,“ hastig zieht er sie aus und auch die Schuhe. Die Füße brauchen dringend ein bisschen Wärme. Sie nimmt ihm die Sachen ab und zeigt auf einen großen alten Ohrensessel neben dem Kamin.
„Na, die meint es aber gut mit dir, mir hat sie den Sessel nicht angeboten,“ meint Tomasz und lacht. Als sie ihm dann auch noch Puschen anbietet wird Malte rot.
Agnieszka hat inzwischen ihren Mantel abgelegt und auch das Tuch, dass ihren Kopf bedeckte. Die langen Haare fallen offen auf das dicke schwarze Wollträgerkleid. Der rote Rollkragenpullover ist der effektvolle Farbtupfer in dem strengen Schwarz, dass ihr aber gut steht, findet Malte, sie bewundernd von oben bis unten betrachtend. „Man mach den Mund zu, du sabberst ja schon!“ hört er Tomaszs Stimme aus weiter Ferne und schnell wendet er sich ab von ihr und schaut irritiert in die Flammen.
Was für ein Tag in Polen, mitten im Schnee in der Pampa!